Segelyacht Gemma |
Reiseberichte |
Heimreise 2004 |
Strecke Türkei bis Holland = 2277sm |
1. Etappe: Winteraufenthalt in der TürkeiEnde April 2004 beenden wir unseren Winteraufenthalt in der Yacht Marina Marmaris. Wir haben uns in der Marina und im Ort Marmaris sehr wohl gefühlt. Die Winterzeit war schnell vorbeigegangen:
Im November unternahmen wir eine Reise mit einem Mietauto entlang der türkischen Küste bis fast zur syrischen Grenze, dann hinauf durch das Hochland nach Kappadokien. Die dortigen Feenkamine erinnern an Raukaare in Schweden. Die unterirdischen Städte geben beeindruckende Zeugnisse über die Vergangenheit als sich die verfolgten Christen unter die Erde flüchten mussten. Hier spielte sich das Leben ab mit Wohnungen, Ställen, Schulen, Kirche und Friedhof. Ein ausgeklügeltes System gewährleistete Frischluft und Verständigung über alle Ebenen. Diese Städte wurden nie eingenommen.
Weihnachten und den Jahreswechsel verbrachten wir wie im Jahr zuvor bei Birgit in Erlangen, daran schloss sich ein Kurzbesuch in Grevenbroich an. Zum Abschluss des Heimataufenthalts durften wir in Kiel mit Margrit und Wolfram deren 40.Hochzeitstag feiern. 2.Etappe: Türkei bis Griechenland (427sm)Mit den Vorbereitungen für die lange Heimreise verging die Zeit schnell bis zum Start am 30. April 2004. Unser Plan ist eine Heimreise in möglichst großen Etappen. Nach einer ersten Übernachtung vor Anker in einer ruhigen Bucht der griechischen Insel Alimia erreichen wir am 02.05. die Hafenstadt Khania auf Kreta. Am 4. Mai starten wir mit Ziel Peloponnes und werden diese Fahrt nie vergessen. Wegen Starkwindvorhersage ändern wir den Kurs zur Insel Kitara, um dort in einer geschützten Bucht zu übernachten. Der Starkwind trifft nicht ein, also wollen wir die Gelegenheit nutzen und gehen zurück auf alten Kurs. Mit Wind von Achtern ist die Nachtfahrt unruhig, wir sichten Delfine und andere große Wasserlebewesen, die wir nicht namentlich kennen. Am Morgen verstärkt sich der Wind, wir empfangen eine Sturmwarnung. Zum ersten Mal im Leben setzten wir die Sturmfock bei immer höher werdenden Wellen, die uneinheitlich laufen, da wir uns im flacher werdenden Wasser der Küste nähern. Der Niedergang ist immer geschlossen damit keine möglicherweise einfallende See ins Schiffsinnere ablaufen kann. So erwischt es Karla als die Welle uns überrollt und das Schiff im Brechen von Back- nach Steuerbord wirft. Zum Glück wie üblich angeleint, ist Karla nur völlig durchnässt. Eine Winschkurbel, die Tröte und mehrere Kleinteile gingen über Bord, das Fernglas hängt mit dem Trageriemen am Motorzug. Unter Deck ist großes Durcheinander. Das Wasser fließt schnell ab, bis auf die Verluste entstand kein Schaden, nur wenig Wasser drang ins Schiff. Wir sind mit dem Schreck davongekommen. Eindrucksvoll ist die Einfahrt in die Buch von Pilos: hohe Wellen klatschen an die Felsenküste bei Böen bis zu 28 m/s (10Bf). Nach dem Muster eines Einheimischen gelingt die Einfahrt in den Hafen unter Ausnutzung des Wellenlaufs. Dort werden wir mit Applaus und Festmachhilfe empfangen. Bei diesen Wetterverhältnissen sind wir froh, einen Platz im Hafeninnern einnehmen zu können, die Außenmole wird überspült, die dort festgemachten Yachten werden ständig mit Gischt übersprüht. Wir sind froh, die Fahrt und Hafeneinfahrt gut überstanden zu haben, räumen auf, spülen die Wäsche mit Süßwasser und erholen uns. Am 8.05. hat sich das Wetter beruhigt. Bei der Ausfahrt aus der Bucht ermessen wir die Tücken der Küste und preisen uns glücklich, hier heil eingelaufen zu sein. Von Katakolo, dem nächsten Hafen auf dem Peloponnes, aus machen wir einen Ausflug per Leihwagen nach Olympia. Wir besichtigen die Sportstätten und das Museum und essen anschließend Fisch am Strand des Dorfes Kakovatos. Es ist viel Wind, wir bringen weitere Leinen aus und bleiben bis zum 12. Mai. Der Ort ist der Anlaufhafen der Touristenschiffe für Ausflügler nach Olympia mit den entsprechenden Lokalen und Geschäften. Da weiter Starkwind angesagt ist, wollen wir in einen sicheren Hafen und größeren Ort, um uns eventuell länger aufzuhalten. Argostoli auf der Insel Keffalinia bietet sich an. Längsseits an der Pier bei auflandigem Wind verbringen wir vorsichtshalber den ersten Abend an Bord. 3. Etappe: Griechenland bis Italien (877sm)Nach 48 Stunden Fahrt unter Motor (wenig Wind aus Westen, entgegen der Vorhersage) erreichen wir die Strasse von Messina. Bei grauem Himmel laufen wir Sonntag früh im Hafen von Reggio di Calabria ein. Diesen Hafen kann man eigentlich auslassen. Er bietet zwar Wasser und Duschen, ist aber teuer (40 €) und laut wegen der nahen Stadtautobahn, der Eisenbahn und der Fährverladung. Restaurants und Geschäfte sind weit weg, der Weg zur Stadt hat Hafencharakter im schlechten Sinne. Am 1. Juni starten wir zur Weiterfahrt längs der Ostküste Sardiniens gen Norden. An der Tankstelle hatte es Unstimmigkeiten bezüglich der getankten Dieselmenge gegeben, leider konnten wir nicht beweisen, dass wir etwa 40 l teure Luft mitgetankt hatten. Das Wetter ist bedeckt, der Wind ändert dauernd Stärke und Richtung und steigt am Nachmittag auf 6 Windstärken mit Böen von 7 an, natürlich von vorn entgegen der Vorhersagen. Wir beschließen, die Nacht in der Ankerbucht Porto Brandnighi zu verbringen. Die Bucht ist wundeschön, weißer Strand, Pinien, glasklares Wasser, wie in einem Reiseprospekt. Wegen des starken Windes bleiben wir den nächsten Tag und bedauern, kein Beiboot zum Landgang klar zu haben. Der Aufwand wäre uns zu groß geworden, ein Beiboot schleppen wollen wir nicht, da wir Strecke machen wollen. 4. Etappe: Italien bis Süd- FrankreichAm 5. Juni starten wir frühmorgens bei wenig Wind. Es wird eine ruhige Fahrt bei Sonnenschein, fast ständig muss der Motor mitlaufen. Am Nachmittag des 6. Juni erreichen wir Hyères am französischen Festland (Cote d’Azur). Schon beim Einlaufen in die Hafenanlage bei inzwischen starkem Wind erhalten wir einen seltsamen Eindruck. Nichts rührt sich, wir machen nach Gutdünken unterhalb der Capitainerie fest. Dort sitzen Menschen im Tower, die auf den Hafen herunterblicken. Wir wollen uns anmelden, erhalten aber die Auskunft, dass der Hafen z. Zt. geschlossen sei wegen Bauarbeiten. Gnädig erlaubt man uns bis zu einer hoffentlich baldigen Windabschwächung zu bleiben, übernachten dürften wir allerdings nicht. Der nächste erreichbare Hafen ist auf der Insel Poquerolle. Wir waren an der Insel schon vorbeigefahren und wollten sie nicht anlaufen wegen der hohen Liegepreise. Nun bleibt uns nichts anderes übrig. Am Spätnachmittag machen wir in der Marina fest. Im Hafen von La Ciotat auf dem Festland hat uns die normale Welt wieder. Der Küstenabschnitt ist Feriengebiet, die Saison hat begonnen, im Hafen von Cassis können wir nur kurz zum Brotkauf festmachen, er ist voll belegt. Die Schönheit der Felsenbuchten, der Calanques, ist überwältigend. Das finden auch die vielen anderen Bootstouristen, für uns ist kein Platz mehr, zumal das Festmachen mit Landleinen hier wieder den Einsatz eines Beibootes erfordert. Wir genießen die Fahrt und freuen uns auf Marseille. Im Vieux Port liegen wir gut und sind mitten in der Stadt. Sie ist belebt mit Menschen aller Hautfarben und bietet Speisen, Lebensmittel und Blumen des gesamten Mittelmeerraums. Irgendwie ist überall Bazar. Wir gönnen uns eine echte Bouillabaise am Hafen. Leider drängt die Zeit, die Heimreise ist noch weit und Mastlegen und Vorbereiten der Kanalfahrt stehen an. 5: Etappe: Von der Insel Porquerolles zur Rhônemündung, dann durchs Binnenland nach Norden (Rhône und Saône) (503sm)Vor der Schleuse von Port St. Louis treffen wir zufällig unsere Ex-Nachbarn aus Marmaris. Wir tauschen unsere Reiseerfahrungen und Pläne für die Weiterfahrt aus. Bei leichtem Regen kommen wir schneller als erwartet gegen die Strömung der Grand Rhône, dem größten Mündungsarm der Rhône, voran. Unsere erste Tagesetappe ist Arles, wir wollen die Vignette für die Kanalfahrt durch Frankreich kaufen und die Stadt erkunden. An der Tankstelle wird Sportbooten das Anlegen nicht leicht gemacht, Festmachen ist für Großschifffahrt ausgelegt. Mit Überredungskünsten können wir ohne Wartezeit Diesel übernehmen und uns danach nach einem Übernachtungsplatz umsehen. Der Gästeponton ist kurz und belegt. Ein offensichtlicher Dauerlieger zeigt Ablehnung gegen seitliches Festmachen mit dem Schild „Frisch gestrichen“, ein anderer bemüht sich um Baustellenambiente, der nächste gibt sich besonders unfreundlich. An einem französischen Motorboot mit verständnisvoller Besatzung können wir endlich festmachen. Das fängt ja gut an! Die Franzosen legen bald ab, mit dem freien Platz an der Pier können wir uns unabhängig von anderer Leute Pläne vom Schiff entfernen. Wir besuchen den Markt, die römischen Thermen und das Kloster mit Kathedrale. Im antiken römischen Theater werden Stierkämpfe dargeboten. Es handelt sich hier um den „Course Camarguese“, wobei der schwarze Stier nicht verletzt oder gar getötet wird. Es ist reines Spiel zwischen Mensch und Tier, das Zuschauen ist aufregend und macht Spaß. Nach 2 schönen Tagen geht es weiter Rhône-aufwärts vorbei an den Festungen von Beaucaire und Tarascon. Wir meistern die 1. Schleuse mit 15 m Höhe ohne Probleme. Die Schleuseneinfahrt wird durch Lichtsignale geregelt, dann kann man mittschiffs an einem Schwimmpoller festmachen. Den Abstand zur Schleusenwand vorn und achtern halten wir mit Hilfe eines bereitgehaltenen Bootshakens. Den Hafen der mit Festungswällen umgebenen Papststadt Avignon finden wir voll belegt vor. Unsere Enttäuschung darüber verfliegt schnell. Der Hafenmeister empfahl uns nämlich nachzufragen, ob wir auf Päckchen gehen dürfen. Längsseits an einem großen englischen Motorboot sind wir willkommen. Zu unserer Überraschung wird das Liegegeld um 25 % ermäßigt, wegen Liegen in der 2. Reihe, erstaunlich! Die belebte Strasse stört kaum, wir liegen nahe an der Stadt und die Engländer versprechen langes Bleiben, so dass wir wieder alle Freiheit für unsere Unternehmungen haben. In der Stadt wimmelt es von kostümierten Schauspielern, es findet ein Theaterfestival statt und an allen Ecken werden Pantomimen und kleine Aufführungen geboten. Wir bestaunen die bunte Vielfalt ausgiebig beim Essen unter freiem Himmel im Theaterviertel. Avignon beeindruckt des Weiteren mit der berühmten Brücke Pont Saint-Bénézet unterhalb des Papstpalastes. Schon bei der Vorbeifahrt an dem unfertigen Bauwerk kommt einem die Melodie „Sur le pont d’Avignon ..“ in den Sinn. Es gibt genügend Postkarten und andere Abbildungen der auf dem Brückenabschnitt tanzenden Menschen. Bei der Weiterfahrt müssen wir leider feststellen, dass Karte und Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Die auf der Karte angegebene Festmachemöglichkeit nahe einem kleinen Weindorf, die wir heute erreichen wollten, existiert nicht. So wird es uns im Laufe der Reise noch oft ergehen. Vor 2 Jahren wurden sehr viele Festmachepontons vom Hochwasser weggespült und bisher nicht erneuert. Für Sportboote ausgewiesene Halteplätze sind außerdem häufig mit dem Schild „Nur für Passagierschiffe“ bestückt – und bleiben dann frei. So landen wir in einem geschützten Seitenarm der Rhône in der Marina L’Ardoise. In dem kleinen „Präriehafen“ ist noch viel Platz und bei der netten deutsch sprechenden Hafenchefin sind wir bei dem vorherrschenden starken Wind gut aufgehoben. Trotz weiterhin sehr starkem Wind kommen wir gut voran und meistern auch die größte der Schleusenanlagen bei der Durchfahrt von Donzère-Mondragon. Diese war zum Zeitpunkt ihrer Erbauung mit 23 m Hub die höchste der Welt. Am 18. Juli erreichen wir nach etwa 320 km Flussfahrt bergauf und Passieren von 13 Großschleusen Lyon, die zweitgrößte Metropole Frankreichs, am Zusammenfluss von Rhône und Saône. Unser Liegeplatz ist wieder mitten in der Stadt, schnell erreichen wir das alte Viertel mit seinen historischen Gebäuden und unzähligen Gaststätten. Weiter geht die Fahrt nun auf der gemächlich dahinfließenden Saône mit breiten Schilfgürteln, alten Kähnen und einer Vielzahl von Wasservögeln. Das Schleusen erfolgt nun in Selbstbedienung: vor der Schleuse hängt über dem Fluss ein dickes Plastiktau herunter. Man muß es einmal fest drehen, wie ist auf einem Schild dargestellt, danach wird die Einfahrt in die Schleuse per Lichtsignal freigegeben. In der Schleuse muss eine blaue Stange hochgehoben werden, dann beginnt das Schleusen. Das Anlegen von Schwimmwesten während des Schleusens ist nun nicht mehr vorgeschrieben. 6. Etappe: Canal de l’Est, Mosel, Maas bis Holland (470sm)In Corre, wieder ein enttäuschender Ort, beginnt die Fahrt durch den Canal de l’Est. Ab jetzt wird es langsam vorangehen, der Kanal ist eigentlich eine einzige Schleusentreppe. Am Tag werden wir bis zu 33 Schleusen durchfahren. Hier in Corre bekommt man ein Funksignalgerät. Vor der Schleuse muss man an der Seite einen Apparat anfunken. Wenn er gelb blinkt wird die Schleuse präpariert. Die Einfahrtserlaubnis wird per Lichtsignal angezeigt. Fontenoy-le Château bietet dank Charterbasis einen netten Hafen und hübschen Ort mit einem kleinen Stickereimuseum. Hier sehen wir zum letzten Mal unsere Nachbarn aus Marmaris vorbeifahren. Leider haben sie keine Zeit zum Verweilen, denn gern hätten wir etwas über ihren Reiseverlauf erfahren. Am 17.08. verlassen wir Frankreich mit Passieren der Schleuse von Givet. Der schleusenintensivste Teil der Reise ist vorbei, nun erwarten uns die großen Schleusen für die Berufsschifffahrt. Dinant an der Maas, die wir nun befahren, bietet uns einen Liegeplatz mitten in der Stadt unterhalb der Zitadelle, direkt an einer Ampelkreuzung mit Baustelle. Zu allem Überfluss regnet es in Strömen auf dem Fußweg zur Schleuse. Dort bezahlen wir 1,03 € Gebühr für die Benutzung der belgischen Schleusen. Der Preis des leckeren Muschelgerichts wird allerdings vom vorherrschenden Tourismus geprägt. In Maastricht, nun schon in Holland, liegen wir mitten im Fluss auf Päckchen am Steiger mit Zugang auf die Brücke. Beim Stadtgang fühlen wir uns schon wie Heimkehrer. Roermond ist ein guter Ausgangspunkt für Fahrten nach Deutschland. Hier legen wir Hafentage ein, um mit einem Mietwagen zu ersten Wohnungsbesichtigungen zu fahren. Das regnerische und kalte Wetter verlockt nicht zum Bummeln. Wir ankern noch einmal bei Nijmwegen in Mookerplas, wegen zu niedrigem Wasserstand können wir nicht anlegen. Die schöne Umgebung tröstet etwas darüber hinweg, dass wir die volle Hafengebühr zahlen müssen, obwohl wir ohne Beiboot weder Müllbeseitigung noch Hafeneinrichtungen nutzen können. Man kommt mit dem Schlauchboot nur zum Kassieren. Am 29.08. erreichen wir Harderwijk, Ausgangs- und Endpunkt unserer Reise. Die Langfahrt ist vorbei. Am 02.09.2004 verlassen wir Gemma per Auto und beziehen eine möblierte Wohnung bei Köln, um von dort ein neues Zuhause zu suchen. |
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18.1.2006