Segelyacht Gemma

Reiseberichte

Skandinavien-Reise vom 19.05. - 21.09.2001

3. Etappe Die Inseln in der Ostsee: Fehmarn bis Bornholm 08.06. - 20.06.2001

Die Wasserübernahme in Strande am Morgen des Aufbruchs ist verbunden mit einer unfreiwilligen Reinigung der Bilge. So schnellen und starken Wassereinlauf sind wir nicht gewohnt! Bei Südwestwind 4-5 rauschen wir durchs Wasser und erreichen nach 7 Stunden schönstem Segeln den alten Fischereihafen Burgstaaken auf Fehmarn.
Wir bleiben 2 Tage, besuchen Burg, den total touristischen Hauptort der Insel, gehen lange spazieren, bewundern die vielen Schwäne auf der friedlichen Lagune und freuen uns, nicht in der gegenüber gelegenen Marina von Burgtiefe eingepfercht zu sein. Hier ist zwar einiges leicht verrottet - gegenüber bricht beim Anlegemanöver einer Yacht der Steg teilweise ein - , die Duschen sind im Blechcontainer, aber der marode Charme hat auch was. Die Fischereigenossenschaft versorgt sowohl mit Frischfisch als auch mit zubereitetem Essen. Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Insel werden am Hafen feilgeboten. Auch die anstehende Reparatur der Segelpersenninge wird vom Segelmacher direkt am Hafen ausgeführt.

Der Wind bleibt günstig und wird zum Glück nicht stärker, das wird ausgenutzt. Nächstes Ziel ist Rügen mit einem Zwischenstopp zur Übernachtung in Gedser auf der dänischen Insel Falster. Bei starkem Querwind und mit Unterstütztung hilfsbereiter Menschen legen wir zufriedenstellend in einer Box an. Der Ort Gedser ist trist, der Wind wird wieder stärker und kalt ist es auch. Das einzige große Motorboot des Hafens legt neben uns in der Box an und gibt zwar Windschutz, nimmt aber auch die Sicht. Weitere einlaufende Schiffe haben teils erhebliche Probleme beim Anlegen, denn alle Boxen liegen quer zum Wind, aber die meisten Mitlieger sind hilfsbereit. Allerdings beobachten wir auch schnelles Verschwinden unter Deck bei Annäherung eines Schiffs. Trotz des netten Hafenmeisters und des Angebots von Preisermäßigung bei längerem Aufenthalt hält es hier nicht viele für länger als eine Nacht, uns auch nicht.

Der nächste Schlag bis nach Dranske, zu Bärbel auf Rügen, scheint uns für einen Tag zu lang. Wir wollen noch einmal Barhöft bei Stralsund besuchen. Man muss dort zwar mit Heckboje anlegen, aber das müssen wir später in Schweden auch. Warum also nicht. Vor dem Wind "kreuzend", bei Windstärken 6-7, dann 2-3 und wieder konstant 7 sind wir stolz auf gelingendes Schiften. Auch Sonne, Wolken und Regenschauer wechseln sich ab, eine schöne Fahrt.

Barhöft überrascht uns mit gut gelungenem, der Landschaft angepaßtem Ausbau. Aus dem Provisorium, das wir vor 4 Jahren kennenlernten, ist ein schmucker Hafen worden. Ein Einheimischer erzählt uns, wie viele hier mit den hiesigen Naturschutzauflagen umgehen: nicht drum kümmern und bei Erwischen Strafen zahlen. Es fahren und ankern an besonders schönen Tagen auch so viele Schiffe in den verbotenen Gebieten, dass das Abkassieren aller gar nicht möglich ist und wen's trifft, der hat halt Pech für dieses Mal. Es ist nachvollziehbar, dass die Leute auf das Ausnutzen ihrer bewährten jahrelang genutzten Fischgründe nicht verzichten wollen, sie tragen es gelassen wie geschildert.

Wir haben Bärbel unsere Ankunft für den nächsten Tag angekündigt. Die abwechslungsreiche Fahrt vorbei an Hiddensee führt uns durch enges und rege befahrenes Fahrwasser nach Dranske auf Rügen. Wir sichten zwar einen kleinen Hafen, aber dieser scheint nicht das von Bärbel beschriebene Ziel zu sein und die Zufahrt ist nicht in der Seekarte ausgewiesen. So schleichen wir uns zu einem Anleger, der wohl früher mal einer Fähre diente und als Anlandeplatz ausgewiesen ist. Diese Einrichtung ist sehr heruntergekommen, die Wassertiefe fraglich, also nicht sehr vertrauenserweckend. Während unseres Anlegeversuchs nähert sich ein kleines Motorboot und deren Besatzung bietet Hilfe an, das heißt sie erklärt den Weg zum Hafen des Wittower Segelvereins, der wie erwähnt nicht betonnt ist. Dort werden wir freundlich empfangen und bekommen Hilfestellung beim Anlegen in einer grade eben ausreichend großen Box am Kopf der Steganlage. Der Hafenmeister ist uns gegenüber erst skeptisch, man ist nicht auf Gäste erpicht, aber wer kommt ist nach "Beschnüffeln" gern gesehen. Bei einem Bier erhalten wir Einblicke in das Leben der einheimischen Bevölkerung vor und nach der Wende. Hier im Ort hat nach dem Abzug der Nationalen Volksarmee die Bevölkerung stark abgenommen. Die Plattenbauten stehen leer, verfallen und werden abgerissen. Lediglich der Kern des alten Fischerdorfes wurde hübsch instandgesetzt und wird nach früherem Vorbild erhalten.

Bei Treffen mit Bärbel geht die Zeit schnell mit angeregter Unterhaltung vorbei. Für anstehende Einkäufe stellt sie uns ihr Auto zur Verfügung. Qualität und Umfang des Angebots an Lebensmittel entsprechen der sozialen Lage der Ortsansässigen. Wir besuchen Bärbels Arbeitsstelle und dank ihres freien Nachmittags außer der Reihe haben wir eine kundige "Reiseleitung" bei der Ausflugsfahrt über die Insel.

Beeindruckend ist Prora, die ehemalige Kraft durch Freude-Anlage. Heute sind die riesigen Gebäudekomplexe überwiegend ungenutzt. DDR-Nostalgie wird im Nationale-Volksarmee-Museum geboten, das in einigen Räumen eingerichtet wurde. Für uns gibt diese Ausstellung Eindrücke in ein uns fremdes Vergangenheitskapitel. Wir besuchen noch Kap Arkona und stocken unseren Wein-Vorrat bei Aldi auf.

Nun stehen gut 70 sm bis Bornholm an. Am frühen Morgen um 06:00 geht es los. Nur für Bärbel, die unsere Abfahrt vom Balkon im obersten Stockwerk eines Plattenbaus aus mit dem Fernglas verfolgt, setzen wir Segel, das sieht doch schöner aus! Unter Motor, aber nun bei wenigstens angenehmer Temperatur geht die Reise weiter. Malerisch ist der Anblick von Hiddensee mit dem weithin sichtbaren Leuchtturm Dormbusch. Am Küstenstrich von Rügen sind wir gestern abend noch spazieren gegangen. Bärbel bestätigt per Handy, dass sie unsere Fahrt noch lange mit dem Fernglas beobachten konnte.

Unser Zielhafen auf Bornholm ist Vang, ein kleiner Ort an der Nordwestküste. Dort soll es laut Hafenhandbuch alle Möglichkeiten der Versorgung geben. Nach 13 Stunden erreichen wir den unterhalb der nahen Ruine der Festung Hammershus beschaulich gelegenen Hafen im Abendsonnenschein. Mit eigener Heckboje liegen wir gut in dem engen Hafenbecken. In diesem verträumten Ort soll es mit Bank und Supermarkt beste Versorgung geben? Wir finden eine Telefonzelle, eine Bushaltestelle und eine geschlossene Cafeteria. Der am Hang gelegene Ort besteht aus großzügig angelegten Landhäusern und das Restaurant sieht nicht aus wie für Leute mit kleiner Geldbörse gemacht. Da wollen wir doch unsere Unterlagen noch mal nach einer anderen Möglichkeit für den geplanten Bornholm-Aufenthalt befragen. Am Tag drauf erfahren wir vom amüsierten Hafenmeister, der abends zuvor verhindert war, das Hafengeld zu kassieren und den Sanitärgebäudeschlüssel auszuhändigen, dass es die im Hafenhandbuch angegebenen Einrichtungen hier nie gegeben hätte. Der Ort habe nur 700 Einwohner. Er empfiehlt uns, Allinge anzulaufen und nimmt netterweise deutsches Geld für die Hafengebühr.

Der nächste Morgen beginnt mit einem starken Gewitter, danach setzt Dauerregen ein. Da müssen wird durch, denn es mangelt an frischen Lebensmitteln und dänischen Kronen. In Regenkleidung runden wir die Nordwestspitze bei ruppiger See, die Insel ahnen wir nur unter den dicken Regenwolken. Belohnung ist der Hafen von Allinge. Die Liegeplätze sind ruhiger als beschrieben und die Sonne vertreibt mittags in kurzer Zeit Wolken und Regen. Wir liegen mitten im Ort, von Karla mit "wie zu Hause in Holland" zutreffend eingestuft. Segelnde Hausfrau, was willst Du mehr! Wir fahren nicht weiter bis Tenje, wie erst geplant, und werden hier Tage der Sommerfrische genießen.

Von einem früheren Aufenthalt her haben wir schon Eindrücke der Orte an der Küste einschließlich der Hauptstadt Rönne und uns reizt es, das Landesinnere zu kennenzulernen. Von hier aus sind auch die Möglichkeiten, Busse in alle Richtungen zu benutzen, sehr gut. Fahrend staunen wir über die fast mediterrane Landschaft mit Feigenbäumen und Oleanderbüschen bei den Häusern. An der Küste wechseln sich sandige Buchten und Klippen ab, im Inneren Felder, Wälder und Wiesen.

Wir besuchen die Stadt Aakirkeby im Landesinneren und wandern durch den Wald Allmindingen im Herzen von Bornholm. Dieser Wald mit seinen mächtigen alten Bäumen stand früher der Allgemeinheit zum Nutzen zur Verfügung und ist heute ein wunderschönes Erholungsgebiet. Auch für alle, wie üblich in Skandinavien. Beschaulich geht es an verwunschenen Seen vorbei. Wir begegnen einem Reh, aber kaum Menschen.

Weitere Spaziergänge führen uns in beiden Richtungen von unserem Hafen aus an der Küste entlang. In Sandvik, dem nördlichen Nachbarort, erstehen wir von einem Fischer direkt vom Kutter einen frischen Dorsch, der abends lecker zubereitet an Bord verspeist wird. Frisch geräucherter Fisch aus der örtlichen Räucherei und alle erdenklichen Lebensmittel des nahen Supermarktes halten uns davon ab, die ansässige Gastronomie zu bereichern.

In Erinnerung bleibt das allgemeine erwartungsvolle Aufrüsten für die bevorstehende Sommersaison: Zusätzliche Unterhaltungsangebote werden angekündigt, die Busse werden öfter fahren, man wird bis abends um 22:00 einkaufen können und der Ort wird mit bunten Fähnchen geschmückt. Aber auch an die Ratte, die abends über den Kai läuft, wird Karla sich erinnern. Nur Gudhjem war ein Flop: der Ort ist überlaufen von Touristen und die vielgepriesene "warmen Bornholmer" sind auch nur zu begrenzten Zeiten erhältlich.

Gern hätten wir unseren Aufenthalt verlängert. Aber der Wind soll kurzzeitig mal nicht aus nördlicher Richtung kommen, also spontan auf nach Schweden!

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6.1.2004