Segelyacht Gemma

Reiseberichte

Skandinavien-Reise vom 19.05. - 21.09.2001

4. Etappe In den Schären an der Ostküste Schwedens: Kalmar bis Mem 21.06. - 02.08.2001

Wir starten gegen Mittag des 2. Juni, um bei Anbruch des folgenden Tages im Hellen in den Kalmarsund einzulaufen. Viele Schiffe sind außer uns unterwegs, der Himmel ist bedeckt, es wird aber nie ganz dunkel. Vorbei geht die Fahrt an Utklippan und wir erinnern uns wieder an den Mastbruch hier vor ca. 15 Jahren. Während der Fahrt kommt dank der guten Bedingungen auch die Windsteueranlage erfolgreich zum Einsatz. Nach gut 100 sm erreichen wir morgens früh den Gästehafen von Kalmar.

Hier finden wir bereits viele deutsche Schiffe vor, eins sogar aus Dormagen. Auch unsere holländischen Freunde sind zahlreich vertreten. Neu sind die Besucher der östlichen Länder, was uns schon auf und seit Bornholm aufgefallen war. Nun sind wir pünktlich zum Mittsommerfest in Schweden.

Die im Hafen liegenden einheimischen Yachten haben bereits über die Toppen geflaggt, andere fahren hinaus zum Mittsommertörn. Erhard schläft erst mal und Karla zieht los um Geld, Frühstück und Touristeninformationen zu besorgen. Peter, ein Freund der den Sommer in seinem Ferienhaus gut 100 km entfernt verbringt, kann uns aus Zeitgründen hier nicht besuchen kommen. Als Fast-Schwede gibt er uns telefonisch den guten Rat, nun möglichst bald unsere Einkäufe zu erledigen, da die Mehrzahl der Geschäfte und sogar Restaurants schließen wird. In der Stadt werden an allen Ecken frische Erdbeeren und Gemüse aus der Region sowie blau-weiße Blumensträuße aus Kornblumen und Margeriten angeboten. Diese gehören wohl so zur Tradition der Mittsommerfeier wie bei uns zu Weihnachten der Tannenbaum.

Leider wird das Wetter gar nicht sommerlich, es wird kalt und regnet anhaltend. Kalmar ist ausgestorben. Jeder verbringt die Tage in der Natur, möglichst im Sommerhaus. Wer die Möglichkeit nicht hat, picknickt wenigstens im Grünen oder auf den Wiesen der Parks, und sei es auch unterm Regenschirm.

Wir erfreuen uns an dem gepflegten Schloßpark mit den üppigen Blumenarrangements und am "Maibaum" in der Freizeitanlage. Erhard besichtigt das russische U-Boot.

Auch wir wollen in die Natur und nach schwül-warmem Samstag laufen wir am Sonntag bei herrlichem Sommerwetter aus. Die angesteuerte Bucht erweist sich als kleiner Hafen, der zudem noch voll belegt ist. Um als weiterer hier zu ankern ist es zu eng, schade. Hoch am Wind bei 6 Bft., die nicht angesagt waren, macht es Spaß, Stora Rör anzulaufen, einen kleinen Hafen auf Öland.

Im fast leeren kleinen Fischerhafen ist es wie in einer Ankerbucht. Dazu gibt es einen Kiosk, Sanitäranlagen und die Aussicht, frischen Fisch zu kaufen. Der Stegplatz ist auch gut, wir bleiben und genießen die Ruhe.

Hier im buchtartigen geräumigen Hafenbecken finden wir gute Gelegenheit, das Banana-Boot probeweise in Betrieb zu nehmen. Leider ist die Aufbauanleitung nicht aussagekräftig und der Zusammenbau erweist sich als langwieriger als vorhergesagt. Die ersten zufriedenstellenden Segelversuche enden mit dem Regen eines Gewitters. Vom beheimateten Fischer erstehen wir außer Schollen sogar eine seltene Lachsforelle. Ein Abend bei einer Flasche Wein mit den Stegnachbarn wird zur angenehmen Abwechslung während der 3 Liegetage

In Borgholm, dem größten Hafen auf Öland erwartet uns gemäßigter Trubel einer komfortablen Marina. Von dort aus wandern wir hoch zum Schloß Solliden, dem Sommersitz des Königshauses. Während des Sommers kann jeder dort tagsüber gegen Eintritt lustwandeln, auch wenn die königliche Familie anwesend ist. Der von See her imponierend anzusehende Pavillon ist in eine Parkanlage eingebettet, die sich in die Landschaft vollkommen einfügt. Es gibt einen englischen, holländischen und italienischen Teil, einen Steingarten mit alpinen Pflanzen und einem künstlichen Wasserfall. Am Nachmittag treffen viele Touristen ein, uns krönt nun ein Eisbecher aus der Schloßküche das Erlebnis. Die Besichtung der Burgruine lassen wir aus, es ist zu warm.

Mit der Erprobung des Banana-Boots haben wir schon begonnen, den Besuch unserer Tochter mit ihrer Familie vorzubereiten, nun wollen wir auch das Umfeld ihres zukünftigen Feriendomizils erobern. Wir sind nicht sicher, ob wir in der Bucht, an der das gemietete Ferienhaus liegt, bei jedem Wetter sicher vor Anker liegen können. Auch das Einlaufen in die Bucht kann eine schwierige Fahrt für ein Boot unserer Größe werden. Schließlich ist nichts betonnt aber laut Seekarte muss es möglich sein.

Zur Übung ankern wir in einer kleine Bucht, Sjöbodviken, auf 2 Meter Wassertiefe mit 25 m Kette. In dieser engen und nicht als Ankerplatz ausgewiesenen Bucht, umgeben von Ferienhäusern, fühlen wir uns allerdings störend für die Anrainer. Oskarshamn ist die nächst gelegene Stadt für die Versorgung in der Ferienbucht und soll uns notfalls, wie Figeholm, als Ausweichmöglichkeit in der Nähe dienen.

Durch engste Fahrwasser geht die Fahrt nach Oskarshamn. Die Küste ist dicht mit Sommerhäusern bebaut und Oskarshamn sieht von See her mit seinen Industriebauten nicht einladend aus. Der Hafen ist sicher gut für kleine Schiffe, für uns sind die Boxen zu kurz, zu leicht gebaut und grade eben breit genug. Wir machen mit vielen Leinen fest, der Hafenmeister ist einverstanden. Oskarshamn ist eine ideale Versorgungsstadt, die Fähre von Gotland stört kaum, ebensowenig der Hafenbetrieb. Sogar die Benutzung der Waschmaschine ist im Preis einbegriffen.

Unser Ablegezeitpunkt verzögert sich allerdings dadurch, dass wir mit der Backbordleine am Schlängel hängenbleiben und diesen durch die Ausfahrt fast ganz aus der Verankerung mit dem Steg reißen. Nach anfänglichem Lamento entläßt uns der herbeigerufenen italienische Hafenmeister ohne Protokollanfertigung oder gar Schadensmeldung.
Mit der Entfernung von der Stadt wird die Besiedelung der Küste geringer und wir freuen uns auf den Aufenthalt an einer Schäre. Aus der Vielzahl der gebotenen Möglichkeiten entscheiden wir uns für die Insel Uvö, etwa 4 sm entfernt von Oskarshamn. Hier finden wir gute Anlegemöglichkeit an einem etwas verfallenen steinernen Anleger vor. Uvö kann mit einem Gang von etwa einer Stunde auf einem gut begehbaren Weg zu Fuß umrundet werden. Das Eiland ist bewachsen mit einer Vielzahl an Pflanzen, Bäumen und Büschen. Der Boden im Waldesinnern ist dicht bedeckt mit Blau- und Erdbeeren, letzere reif. Aus den zerquetschten Beeren der großen Wacholderbüsche entströmt Gin-Aroma. An den besonnten Uferstellen stehen die Sommerblumen in voller Blüte. Wir müssen aufpassen, nicht in einen der zahlreichen Ameisenhaufen zu treten. Ein freier höher gelegener Fels bewährt sich aus "Aussichtsturm" über das Archipel. Wir strolchen vorzugsweise über Mittag durch das Naturparadies, um im schattigen Wald der Hitze zu entfliehen. Inzwischen bewegen sich die Tagestemperaturen um 30 °C. Gut, dass die Solarzellen ausreichend Strom liefern und den durchgehenden Betrieb des wohlgefüllten Kühlschranks sicherstellen. Die wenigen Besucher der Insel stören nicht, auch nicht ein Segelboot, das für eine Nacht neben uns liegt, haben doch alle das gleiche Ziel: Ruhe und Abstand vom Alltag.
Die nächste Fahrt ist 8 sm lang. Sie führt vorbei an der Einfahrt zu unserer Ferienbucht nach Figeholm. Gegen Mittag eintreffend können wir einen schönen Liegeplatz mit Aussicht auf das Einfahrrevier dieses aus natürlichen Gegebenheiten entstandenen Hafens wählen. In Muße bobachten wir ein Schwanenpaar mit Jungen und die Fische, die von den Schwänen verschmähte oder nicht schnell genug verschlungene Brotreste schnappen. Schwalbenkinder warten nimmersatt auf unseren Achterleinen darauf, dass ihre Eltern sie füttern.

Am Abend ist auch der letzte Liegeplatz belegt. Die auf der Wiese oder zwischen duftenden Rosenbüschen angeordneten Tische und Bänke und die Grillplätze finden regen Zuspruch. Trotzdem ist die Stimmung ruhig, keiner stört durch laute Musik oder andere Geräuschbelästigung. Wir füllen unseren Wassertank für den bevorstehenden Aufenthalt in der Ferienbucht randvoll und kaufen für die erste gemeinsame Mahlzeit mit den Landurlaubern ein. Unsere Tochter teilt per SMS mit, dass die Familie wohlbehalten und guter Stimmung in Schweden eingetroffen ist.

Dank Erhards sorgfältiger Planung und mit Hilfe von GPS finden wir am nächsten Tag den Weg durch die Über- und Unterwasserfelsen in die Bucht ohne Probleme. Manchmal ist uns aber etwas mulmig. Das Fahrwasser ist teilweise so nah an den Steinen, dass man dem sonnenbadenden Publikum die Hand geben könnte. Präzise umschiffen wir die flachen Stellen, indem Karla vorn auf dem Bugpodest steht und Erhard per Handzeichen den Weg weist. Rings um die Bucht befinden sich mehr Ferienhäuser als aus der Seekarte ersichtlich war. Wir finden einen passablen Ankerplatz, an dem wir keinem der Hausbewohner störend sein wollen und auch der Anker hält.

Von dort aus wird gerätselt, welches Haus wohl dasjenige welches ist. Eifrig wird das Banana-Boot, "B-Boot" genannt, zusammengebaut und zu Wasser gelassen. Auch "Klein-Gemma", das rote Schlauchboot, wird aufgeblasen. Es soll als Fährboot zum Haus dienen. Das B-Boot mit Segel ist unter anderem für unsere Tochter zum Üben für die bevorstehende A-Schein-Segelprüfung gedacht. Mit beiden kleinen Booten wollen wir später auch die nahe Umgebung zu Wasser erkunden.

Noch während wir mit diesen Vorbereitungen beschäftigt sind trifft die Familie ein, beschafft sofort ein Kajak und die Begrüßung findet an Bord von Gemma statt. Am liebsten würde gleich gebadet nach der Autofahrt durch die Hitze.

Das Ferienhaus übertrifft die Erwartungen und ist schnell übernommen. Dem erfrischenden Schwimmen vom Steg aus steht nichts mehr im Wege. Der Begrüßungstag klingt gemütlich bei einem Glas Wein in einem Schwarm von Mücken auf der Terrasse des Hauses aus.

Wir bleiben 2 Wochen in der Bucht. Die Tage sind auch an Land ausgefüllt mit Spaziergängen durch den Wald und zum Badestrand, Ausflügen mit dem Auto in die Umgebung, auch die Seekarten für die Weiterfahrt erhalten wir in Oskarshamn. Nicht zuletzt wird gefaulenzt. Gemmas Kombüse ist stillgelegt, Erhard und Karla frühstücken nur noch an Bord. Trotz trüb-regnerischem Wetter wird auch der Ausflug mit Gemma als Kreuzfahrtschiff ein voller Erfolg. Die Gäste sind beeindruckt von der Fahrt zu einer äußeren Schäre und vom Anlanden mit dem Bug am Felsen. Auch der Einsatz des Heckankers wird demonstriert und zurück zur Bucht kann unsere Tochter sogar ihre Segelkünste unter Beweis stellen.

In Figeholm gibt es Räker im Restaurant und Gegrilltes beim Hafenfest, in der Küche des Ferienhauses kochen oder grillen wir gemeinsam leckere Mahlzeiten. Die unterschiedlichen Stimmungen der Tage werden von Bord oder von der Terrasse aus genossen. Jeder verwirklicht allein oder in Gesellschaft seinen Ferientraum.

Besorgniserregend wird nur einmal die Windvorhersage: Starkwind mit Orkanböen für unser Gebiet. Sicherheitshalber bringen wir Klein-Gemma gut an Land unter, takeln das B-Boot ab und setzen ein Ziel fest für den Fall, dass der Anker hier nicht hält. Die Bucht vorsichtshalber verlassen wollen wir nicht, obwohl wir nun auf Legerwall liegen. Außerdem bezweifeln wir das Eintreffen der Vorhersage - im Nachhinein mit Recht.

Am letzten gemeinsamen Abend sitzen wir beim Feuer auch mit den Feriengästen des Nachbarhauses beschaulich beisammen.

Die Erwachsenen wollen nun abschließend Stockholm besuchen, so übersiedeln die beiden Enkelkinder an Bord und werden einige Tage bis zum Wiedersehen mit ihren Eltern allein mit den Großeltern verbringen. Kaum sind wir nach schönem Tagesbeginn aus der Bucht ausgelaufen umfängt uns immer dichter werdender Nebel. Gezwungenermaßen verlassen wir das Schärenfahrwasser und setzen die Fahrt durch offenes Wasser fort. Der einzige Nebeltag der Reise ist ausgerechnet der, an dem wir mit den Kindern fahren! Es reißt zwar hin und wieder auf, aber wir sind froh, nun Radar zu haben. Aufmerksam und gespannt ist uns unser Enkelsohn eine große Hilfe beim Ausguck gehen. Erhard ist nun voll mit der Navigation beschäftigt.

Gegen Mittag verflüchtigt sich der Spuk weitgehend und wir trauen uns, wieder in die Schären einzulaufen. Inzwischen sind wir Anführer eines kleinen Segler-Konvois geworden. Die Schweden folgen uns bei der Schleichfahrt vertrauensvoll in gebührlichem Abstand. So endet die Fahrt doch glücklich an der Schäre Istergäs und nicht in einem entfernten Hafen. Bei dieser kniffligen Anfahrt hatten wir manchmal nur 0,2m Wasser unterm Kiel.

Wir erkunden wieder Neuland und unser Enkelsohn hat nun "Bauchweh vor Glück" (oder vom vielen Zimtbrötchen-Essen). Mutig steigt er zur Krönung des aufregenden Tages auf den Mast und platzt nun außerdem noch fast vor Stolz. Auch ein Bad im 19 °C kalten Wasser schreckt ihn nicht. Klares Wetter und ein Regenbogen verzaubern am Abend diesen Liegeplatz.

In Blankaholm treffen wir uns wieder mit den Erwachsenen. In dem kleinen Hafen gibt es einen Spielplatz für die Kinder, für uns ein Internetcafe (die Funkanlage an Bord ist für E-Mail-Empfang nicht mehr benutzbar) und sogar einen Kräutergarten. Hier dürfen wiederum nicht nur die Kräuter betrachtet werden, sondern man darf sie auch zum Eigengebrauch in kleinen Mengen pflücken. Die Enkelkinder sind inzwischen so sicher beim Schwimmen, dass sie stolz quer über den Hafen zum gegenüberliegenden Steg schwimmen. Einmal werden sie jedoch beim Baden sehr erschreckt. Ein Schwanenpaar nähert sich mit seinen Jungen und verteidigt furchterregend zischend in Angriffsstimmung sein Wasserrevier um die Schiffe herum.

Von hier aus treten die Landurlauber nun die Heimreise an. Wir bleiben noch einen Tag. Weiter geht die Fahrt nach Västervik, wo wir uns für einen längeren Aufenthalt in den Schären verproviantieren wollen. Außerdem steht eine Motorwartung an.

Bei herrlichstem Wetter herrscht Trubel auf dem Wasser, fast wie an einem Sommerwochenende auf dem Ijsselmeer. Die Fahrt ist beeindruckend, besonders das enge Fahrwasser bei Sparö mit hohen Felsen zu beiden Seiten. Västervik enttäuscht uns. Der Hafen ist sehr unruhig und nicht in gutem Zustand. Die Touristenmeile erscheint uns wie eine fremde Welt. Da gefallen uns die nächsten 3 Tage in einer einsamen Ankerbucht schon besser. Schnelle Fahrt unter Segel führt uns weiter nach Fyrudden. In dem kleinen belebten Hafen versorgen sich die Bewohner der umliegenden kleinen Inseln und die übrigen Wassersportler mit Lebensmitteln und Treibstoffen.

Unser letzter Schärenplatz ist von Felsen umgeben und ein kleiner geschützter Kosmos für sich. Von der Höhe des Felsens, an dem wir festgemacht haben, kann der Blick weit in die Ferne schweifen. An Land ist es etwas unwegsam, so erkunden wir die Uferbereiche vom B-Boot aus an den möglichen Anlandeplätzen.

Von hier aus soll die Reise weiter auf dem Göta-Kanal quer durchs Landesinnere von der Ostseeküste zur Nordseeküste führen. Uns erwartet wieder eine anderer Welt.

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6.1.2004