Segelyacht Gemma

Reiseberichte

Langfahrt 2003

2. Etappe: 02.09. – 02.11.2003 Türkei – Yalikavak bis Marmaris

Karte türkische Südküste
Yalikavak und Turgutreis sind nagelneue Marinas. Neugierig inspizieren wir den ersten türkischen Bazar, dann geht es weiter nach Bodrum, einem beliebten Touristenort. Ab jetzt steht als wichtige Aufgabe die Suche nach einem Hafen zum Überwintern an. Bodrum ist schön, lockt aber nicht für den Winter. Starker kalter Wind bringt in den Tagen hier willkommene Abkühlung. Wir besuchen das Mausoleum, ein Weltwunder der Antike, und das Kastell mit Unterwassermuseum. Der Bauernmarktbietet verlockenden Einblick in die Vielfalt der türkischen Küche. Mit Türkcell erreichen wir wieder den höchsten Komfort an Bord: Internet über Handy!

Nun sollen endlich die reizvollen türkischen Buchten erkundet werden. Die Auswahl ist groß, Yachten und Ausflugsboote (Gullets) sind in enormer Anzahl unterwegs, man muss früh aufbrechen, um einen angestrebten Liegeplatz einnehmen zu können. Das Ankern mit Buganker und Landleinen ist anfangs ungewohnt und bedarf der Übung. Karla muss nun den Buganker bedienen, Erhard mit dem Schlauchboot die Landleine ausbringen. Bei Seitenwind klappt das anfangs nicht so flott, schnell ist man abgetrieben, schwere Arbeit die Folge, um die richtige Schiffsposition zu erreichen. Am Ankerplatz Sakh Limam sind wir das einzige Schiff, dafür gibt es umso mehr Wespen, wir fliehen nach einer Übernachtung. Die Amazon-Bucht verspricht Versorgung und keine Gullet-Besucher. Sie ist gut geschützt und von Wald umgeben, wir fühlen uns wie auf einem Binnensee. Zu Fuß erreichen wir den Campingplatz, schmackhaftes Essen und selbstgebackenes Brot sind dort erhältlich. Frisches Wasser gibt es von einer Quelle am Weg dorthin. Wir bleiben vom 8. bis 11. September, unternehmen einen Ausflug mit dem Schlauchboot auf leider trübem Wasser. Bei klarem Wetter ist es in der Vollmondnacht fast taghell. In Körmen, dem Fährhafen der Halbinsel Datca sind wir in der türkischen Provinz, abseits vom Tourismus. Die Fahrt hierher wurde von starken Böen am Kap der Halbinsel begleitet. Im Mini-Supermarkt der kleinen Ansiedlung erhalten wir als einziges Frischobst Granatäpfel direkt vom Baum. Die Dorfbewohner sind alle sehr gastfreundlich, am Abend wird für uns als einzige Gäste der Grill des Campingplatz-Restaurants angefacht. Wir spüren nun überall, dass die Saison dem Ende zugeht.

Als nächstes fällt der Anker wieder auf historischem Grund, im Handelshafen der antiken Stadt Knidos am westlichen Ende der Halbinsel, umgeben von den Resten der alten Siedlung. Beim Rundgang durch die Anlage entsteht in unserer Phantasie wieder die blühende Hafenstadt. Die Granatäpfel finden wir nicht so schmackhaft. Der Fisch vom Fischer ist frisch, lecker und teuer. Entlang der unberührten Küste ist unser nächstes Ziel die Bucht Parma Bükü. Obwohl das Restaurant tags zuvor seinen letzten Öffnungstag hatte, wird uns Abendessen angeboten und am Strand unter illuminierten Bäumen freundlich serviert. Mit Ausblick auf Gemma fühlen wir uns wie in einem Hollywood-Film der 60-iger Jahre, es fehlte nur das kleine Päckchen mit glitzerndem Inhalt für Karla. Die Bucht heißt auch Schweine-Bucht und wird angeblich von Wildschweinen besucht, wir sehen keine, nur Kühe und ein Pferd. Sie ist ohne Straßenanbindung und nur auf dem Wasserweg oder mittels beschwerlichem Fußweg zu erreichen. Trotzdem wird sie auch im Winter bewohnt, wie uns die Anwohner berichten. Dies ist eine andere Seite der Touristen-Türkei. Nach unruhiger Nacht mit viel Schwell zieht es uns weiter in die Stadt Datca, die Hauptstadt der Halbinsel. Vom Hafen der netten Kleinstadt bleibt uns der Hafenmeister mit seiner Pfeife in Erinnerung mittels derer er die Liegeplätze zuweist. Im Laufe unseres Aufenthalts revidiert er den Eindruck, selber eine Pfeife zu sein. Ein gutes Restaurant bietet hier ein Menu für 5 € an. Soll das ein Lockvogel sein? Wir erhalten üppig leckere Speisen zum angegeben Preis, werden aber das Gefühl nicht los, dass wir eigentlich über den Tisch gezogen werden sollten. Seit einiger Zeit sind wir nämlich leider sehr auf der Hut, was Angebote und dann geforderte Preise angeht. Im beliebten Bencik-Fjord, der tief ins Land reicht, haben wir wieder das Glück, einen gut geschützten und idyllischen Liegeplatz zu erwischen. Gerne nehmen wir die Hilfe des Fischers beim Befestigen der Landleine an. Er kommt uns bis zum steilen Abfall des Grundes durchs Wasser watend entgegen. Wir liegen nun auf engem Raum mit 6 weiteren Yachten, davon 4 deutschen. Hier ist das Revier der Segler, die sich den ganzen Sommer über in wechselnden Buchten aufhalten, nett, aber nicht unsere Welt. Mit Frischfischversorgung vom Fischer, der außerdem Honig und frisches Brot bereithält, fühlen wir uns trotzdem wohl und können länger bleiben als unsere Vorräte es eigentlich zuließen. Karla wagt sich sogar an die Zubereitung eines frischen Octopus nach Rezeptur des Fischers. Schmeckte gut! Die Abende werden jetzt schon merklich kühler, erfreulicherweise gibt es keine Mücken.

Am Restaurantsteg von Ersoy bei Orhaniye in der Bucht Keci Bükü fühlen wir uns die nächsten Tage wie im Urlaub. Vater und Sohn bieten hier Stegplatz mit Strom und Wasser, eine Waschmaschine, leckeres Essen und freundliche Unterstützungen jeder Art. Im kleinen Dorf werden die Erzeugnisse direkt aus dem Garten oder Hühnerstall verkauft. Wir bleiben vom 22. September bis 2. Oktober und fühlen uns rundum wohl. Von hier aus informieren wir uns über Winterliegeplätze in der Marti-Marina und fahren mit dem Bus nach Marmaris, um die dortigen Häfen zu erkunden. Wir entscheiden uns nun endgültig für Marmaris, und zwar die Yacht Marina. Das Angebot von Marti-Marina ist zwar günstig, aber diese Marina erscheint uns für den Winter zu abgelegen zu sein. Die angepriesenen Wasserfälle finden wir bei einer unserer Wanderungen zwar nicht, dafür entschädigt die Landschaft und der Einblick in das Leben der bäuerlichen Bevölkerung. Nur Fatma wird in unangenehmer Erinnerung bleiben. Diese junge Dame lockte uns unter dem Vorwand der Gastfreundschaft und Englischsprechen üben zu wollen in ihr Haus. Sie entpuppte sich dann als Anbieterin teurer Garten- und Handarbeitsprodukte und ihre Geschichten über ihr Studium, Krankheit vom Vater und ihre Zahnprobleme erschienen im Laufe des Gesprächs nicht mehr glaubhaft. Die anstandshalber teuer erworbenen Erdnüsse wurden nie trocken, die Trauben waren zwar klein, aber lecker. Fatma wird uns unter dem Namen „Book-Buy“ in Erinnerung bleiben. Sie erwähnte dauernd, dass sie Bücher für ihr angebliches Studium kaufen (book-buy) müsse und das sei sehr teuer.

An Ersoys Steg gibt es nicht nur einen netten Hund sondern auch viele Katzen. Diese besuchen gern die Schiffe, ansonsten kommen sie nicht allen ihren Pflichten nach. Kein Wunder, nach reichlichen Fütterungen vom Abendtisch des Restaurants wird man faul und das Fangen von Mäusen und Ratten als Mahlzeit ist überflüssig. So schleicht sich bei uns ein ungebetener Gast an Bord ein. Wir bemerken die Anwesenheit erst an unerklärlichen Geräuschen, dann an angefressenen Lebensmitteln. Die von Karla bei der Anschaffung belächelten Rattenfallen sollen Abhilfe schaffen. Aber das Tier ist schlau und frisst die von Erhard appetitlich angerichteten Köder, nur die Falle löst es nicht aus. Erst nach dem 3. Tag seines Aufenthalts bei uns geht das Tier in die Falle, eine Ratte. Gott sei Dank! Wir können wieder ruhig schlafen, die Lebensmittel wie gewohnt verstauen und brauchen nicht zu fürchten, dass Strom- oder andere Leitungen angefressen werden. So vergehen die Tage ohne Langeweile, abends beobachten wir gespannt, wie Vater und Sohn ankommende Yachten an ihren Steg locken, um dann wieder auf der Terrasse die reichlichen, leckeren Speisen und den schönen Ausblick zu genießen. Gesellschaft leistet uns das Eignerpaar der deutschen Yacht Sea Stallion, die wir als nette Stegnachbarn kennen lernen. Nun freuen wir uns auf den bevorstehenden Besuch von Birgit und legen aus diesem Grund die weitere Fahrtroute fest, um ihr eine gute Anreisemöglichkeit zu bieten. Wir wollen sie in Marmaris an Bord nehmen und bis dahin noch weitere Ankerplätze besuchen. Am 3. Oktober nehmen wir Abschied von dem kleinen Paradies bei Ersoy.

Bozburun bietet einen Anlieger und ein nettes kleines Dorf, auch hier geht die Saison zu Ende. Bei nun angenehmer kühler Temperatur können wir endlich einen längeren Spaziergang machen. Nur um die Ecke geht es zur Ankerbucht Bozuk Bükü, dort gibt es laut Seglerauskunft im Restaurant Ali Baba besonders gute Lammkeule aus dem Ofen. Das Restaurant entpuppt sich als Bretterbude, der Steg und die Mooringleinen als sehr dubios. Lammbraten gibt es im Moment nicht, dafür teure andere Speisen. Die Familie ist zuvorkommend und wohnt selbst teils im Bretterverschlag oder im offenen Boot, der Vater schläft unter einem notdürftigen Dach auf dem Steg. Wie die Ziegen steigen wir zu den Resten einer alten Festung, richtige Wege gibt es nicht.

Am nächsten Mittag trifft der angekündigte Starkwind nicht ein, wir fahren weiter zur Ankerbucht Gerbeske, als besonders schön und sicher beschrieben. Zur gleichen Zeit wie wir laufen noch andere Yachten zum engen Ankerplatz ein, so dass wir unser Ankermanöver nicht so sorgsam wie geplant ausführen. Wider besseres Wissen fahren wir kein erneutes Manöver, sondern ruhen mit Blick auf Bäume, Kühe und einige Ruinen. Nach dem Abendessen, zum Glück ist der Abwasch erledigt und das Schiff aufgeräumt, fallen beunruhigend starke Böen ein, unser Anker hält nicht, wir beginnen zu treiben und haben mit dem Ruderblatt Grundberührung am Felsen. Nun heißt es, eiligst die Bucht zu verlassen. Der Nachbarlieger, ein Fischer, verhindert die Kollision mit seinem Boot und hält uns fest. So gelingt Erhard schnellstes Lösen der Landleinen und anschließendes Ankereinholen bei einbrechender Dunkelheit. Ohne festes Ziel, nur mit grober Vorstellung über das Revier, verlassen wir die Bucht. Ein weiterer Ankerlieger, der ebenfalls in Schwierigkeiten gekommen war, folgt. Bei starken Böen gelingt unterwegs das Einholen der Solarpaneele und Duschsäcke, Wasser haben wir auch genug unter dem Kiel. Inzwischen ist es dunkel, bis zum nächsten Hafen ist es weit, mindestens 2 bis 3 Stunden. Nicht so verlockend bei den vorherrschenden Bedingungen. Wir entscheiden, unser Glück in der nächsten Bucht, Ciftlic Limani, zu versuchen. Der Anker fällt und hält in der geräumigen Bucht, das Risiko an einem Restaurantsteg festzumachen, wollten wir nicht eingehen. Bis auf das Schlauchboot hat nichts Schaden erlitten. Bei der Eile in der Dunkelheit war beim Anlegen der Gummiboden gerissen, wie in einer Badewanne konnte Erhard glücklicherweise noch zurück zum Schiff gelangen. Der Schreck sitzt uns für die Nacht in den Gliedern. Wir liegen hier recht offen, die Wetterprognose ist nicht gut, nach provisorischer Reparatur des Schlauchboots wollen wir am nächsten Morgen einen anderen Ankerplatz suchen.

Nach Marmaris in eine Marina wollen wir noch nicht, Birgit kommt erst in 4 Tagen. Aber leider sind die nahen Ankerplätze ungeeignet oder belegt. In Turunc endlich können wir an der Betonpier festmachen. Hier liegen wir mit Heckanker eng zwischen den Touristenbooten aus Marmaris. Der Ort ist ein typischer reizloser Touristenort, das Wetter inzwischen schwül, der Himmel ist verhangen. Am Morgen überrascht uns ein Gewitter mit starkem Regen und Temperatursturz. Wir möchten nun die Yacht Marina erkunden und eventuell dort den Winterplatz buchen. Das Ablegen aus Turunc bietet wieder eine böse Überraschung: es gelingt nicht, unseren Anker aufzuholen. Erhard muss tauchen. Die Ursache ist der Anker des uns vorher benachbarten Ausflugsboots, der sich mit unserem Anker verhakt hatte. Mit Hilfe des Touristenbootführers und der kräftigen Besatzung der Nachbaryacht werden wir wieder an die Pier gezogen. Dort kann mittels schwerster Arbeit der Männer unser Anker eingeholt werden. Nun sind wir reif für eine Marina! Wir erkunden die Yacht Marina und buchen den Winterplatz.

Am 13. Oktober verholen wir zur Netsel Marina direkt in Marmaris, dort sind wir mit Birgit verabredet. Planmäßig trifft sie nach nächtlicher Reise am Morgen ein, während wir gerade in den Hafen einlaufen. Die Freude über das Wiedersehen ist groß. Birgit kann nun ausruhen, wir kaufen ein und bleiben eine Nacht. Bei Birgits einwöchigem Besuch möchten wir ihr noch möglichst viel von der Schönheit hier zeigen und auch Erholung am Ankerplatz bieten. Das Wetter spielt mit, wir fahren zur Bucht Ekincic, dort lockt ein vorzügliches Restaurant, auch Baden und ein wenig Tauchen ist vom Restaurantsteg aus gut möglich. Von hier aus starten die Touristenboote zur antiken Stadt Kaunos und zu den lykischen Felsengräbern bei Dalyan. Wir fahren erst nah an der wieder beeindruckenden Felsenküste in das Schilfgebiet der Lagune, wandern durch die Ruinen von Kaunos und das Städtchen Dalyan. Beim Lunchhaben wir den Ausblick auf die gut erhaltenen Felsengräber gegenüber.Wir besuchen noch die Buchten Kapi Koyu und Kuyrucac (Bauernbucht) und verbringen ruhige Ferientage bei Sonnenschein mit Baden und Spaziergängen. Im Restaurant der Bauernbucht bietet der Wirt bestes und reichliches Essen beim Schein der Petroleumlampe. Hier gibt es keine Strom- und Wasserversorgung. Trinkwasser und Blockeis werden per Boot angeliefert. Die Olivenpresse wird von dem alten Bauern mit Muskelkraft bedient. Der Besuch des Städtchens Göcek ist unser letztes Ziel mit Birgit, von hier aus kann sie günstig Dalaman zum Heimflug erreichen. Die gemeinsame Woche ging viel zu schnell vorbei.

Für uns geht der Weg nun langsam zurück Richtung Winterlager in Marmaris. Vom 21. bis 25. Oktober verbringen wir ruhige Tage in der Quellenbucht, deren Quelle inzwischen vermarktet ist. Auch hier befinden sich zahlreiche Gräber in den umgebenden Felsen, allerdings sind diese verfallen oder werden als Unterstände für Tiere genutzt. Wir entdecken einen Lorbeerbaum und können lange einen Octopusauf der Jagd beobachten. Auch ein Eisvogelstattet uns seinen Besuch ab. Spaziergänge führen durch unwegsames Gelände. Von Fethiye aus machen wir einen Ausflug mit dem Bus zur ca. 50 km entfernten Schlucht von Sakklikent. Unsere Hafennachbarn von der Manureva, hatten den Besuch empfohlen. Es wird nun herbstlich, viel Wind, manchmal Regen, dann wieder Wärme tags und abends Kühle. Erhard wird eine Nackenmassage aufgedrängt und dann teuer bezahlt, ein Junge führt uns zu den Felsengräbern und verlangt dann ein ordentliches Trinkgeld. Eine Million Lire-Scheine (Ca. 0,75 €) werden gegenüber den Touristen als „Spielgeld“ bezeichnet! Diese Verhaltensweisen machen uns endgültig misstrauisch gegenüber jeglicher Art von Angeboten der Einheimischen. Ein letzter Stopp auf unserm Weg zum Winterlager soll nun für eine Nacht in Eknicik sein, wir wollen uns ein schönes Abschlussessen gönnen. Unterwegs fasziniert uns die wie mit einem Lineal gezogene Abgrenzung der Farben des Wassers: leuchtend türkisgrün auf der einen, tiefdunkelblau auf der anderen Seite. Wir finden keine rechte Erklärung dafür. Mittlerweile sind in Eknicik die Stege teilweise abgebaut, wir sind die einzigen Gäste im Restaurant.

Nach einer Übernachtung laufen wir am 2. November 2004 zur Überwinterung in der Yacht Marina Marmaris ein.

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20.4.2005